Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere (VDKS) und Vereinigung Deutscher Schiffsingenieure (VDSI) zum Maritimen Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung

Der Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere (VDKS) und die Vereinigung Deutscher Schiffsingenieure (VDSI) verstehen sich als mitgliederstärkster Sozialpartner im Bündnis und vertreten zusammen über 3800 Führungskräfte in der Seeschifffahrt. Beide Vereinigungen sehen sich aufgrund der mit Abstand meisten Mitglieder dieser Berufsgruppe somit als die legitimen Vertretungen der Schiffsführungen.

Bedauerlicherweise mussten wir feststellen, dass in der Vergangenheit im Rahmen des Maritimen Bündnisses und in der Maritimen Konferenz Entscheidungen vorbereitet und getroffen wurden, ohne dass uns Gelegenheit gegeben wurde, uns konstruktiv in die Entscheidungsprozesse einzubringen.
Umso erfreulicher ist, dass wir jetzt aufgefordert werden, unseren Sachverstand aktiv in die Diskussion mit einzubringen. Dabei geht es uns nicht nur um betriebs-wirtschaftliche Einzelfragen, sondern um die gesamt volkswirtschaftliche Perspektive des maritimen Standortes Deutschland. Wir halten deshalb den Erhalt eines maritimen "Know-hows" nicht nur im sogenannten Primärbereich sondern insbesondere im Sekundärbereich von herausragender Bedeutung. So ist der gesamte deutsche Sekundärbereich maßgeblich auf erfahrenes und qualifiziertes Personal aus dem Primärbereich angewiesen, um den maritimen Standort Deutschland weiterentwickeln zu können. Weiterhin erinnern wir auch daran, dass eine der Vorbedingungen der EU Fördermaßnahmen die Sicherstellung einer funktionierenden und unabhängigen nationalen Schifffahrtsverwaltung war ebenso wie die Sicherung des Seeverkehrs im Geltungsbereich der EU.

Als Folge der derzeitigen Ausbildungs- und Beschäftigungssituation in der Seeschifffahrt und einiger in der Diskussion befindlichen Vorschläge zur Verbesserung der Situation in der Deutschen Seeschifffahrt befürchten wir einen schnellen, weitreichenden und noch viel schlimmer den unwiderruflichen Verlust des maritimen Know-hows. Der für die Zukunft absehbare Bedarf an deutschen Seeleuten in Führungspositionen wird auch bei abnehmender Anzahl deutscher Schiffe weit über die Zahl der derzeitig in Ausbildung befindlichen oder beschäftigten Seeleute hinaus gehen, da ein Bedarf nicht nur in den Reedereien, d.h. im Primärbereich, sondern auch im gesamten maritimen Sekundärbereich vorhanden ist und sein wird. Eine Verbesserung der derzeitigen Ausbildungs- und Beschäftigungssituation ist daher trotz der Krise und zur Sicherung des Schifffahrtstandortes Deutschland nicht nur geboten, sondern auch dringend erforderlich und als langfristige Investition in die Zukunft zu betrachten. Werden künftig nur noch unzureichend Seeleute ausgebildet, wird das maritime Know-how am Standort Deutschland sehr schnell und unumkehrbar verloren gehen. Als Folge ist zu befürchten, dass neben weiten Bereichen des Sekundärmarktes auch die Reedereien selbst ins Ausland verlagert werden und damit auch hier deutsche Kompetenz verloren geht mit der Folge größerer globaler Abhängigkeit. Um diesem entgegen zu wirken, müssen jetzt Maßnahmen getroffen werden und nicht erst nach der Krise.

Wir stellen weiterhin fest, dass die deutschen Seeleute mit der weltweit anerkannt besten Ausbildung ein Garant sind für die Sicherung eines erfolgreichen deutschen Primär- und Sekundärbereiches. Gleichwohl werden sie aus betriebswirtschaftlicher Einzelperspektive nicht eingesetzt bzw. entlassen und somit praktisch diskriminiert.

VDKS und VDSI fordern

Vom Gesetzgeber:

Zügige Anpassung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im europäischen Kontext

Die maritime Branche benötigt zügig eine Anpassung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit dem Ziel, deutsche Seeleute wettbewerbsfähig einsetzen zu können. Dazu ist wie in unseren Nachbarländern eine möglichst weitgehende Ausschöpfung der in der EU zulässigen Förderung notwendig. Hierzu gehört u.a. ein vollständiger Lohnsteuereinbehalt. Auch eine zielorientierte Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung ohne Verringerung der Führungskräfte, z.B. durch schärfere Forderungen an die Kenntnis der deutschen Sprache, ist zu diskutieren.

Wegfall aller deutschen Sonderregelungen

Als Beispiel sei hier genannt, dass deutsche Seeleute beim Ausfahren der Patente durch die enge Auslegung des STCW benachteiligt werden. Hier sollten auch im Maritimen Bündnis Anstrengungen unternommen werde, nationale Hürden zu überwinden.

Von den Ländern:

Erhalt und Förderung der nautischen und technischen Ausbildungsstätten

Die vorhandenen Ausbildungsstätten müssen weiterhin so gefördert werden, dass der Erhalt des maritimen Know-hows auch für den Sekundärbereich sichergestellt werden kann. Hierbei können auch Anpassungen in der Ausbildung erforderlich sein.

Förderung innovativer maritimer Ausbildungsmodelle und -ziele

Zur Sicherung der Schifffahrtsstandortes Deutschland müssen die Ausbildungsstätten innovative Lösungsansätze in der maritimen Ausbildung entwickeln, um das maritime "Know how" zu erhalten und weiter zu entwickeln. Hierzu ist es erforderlich, dass bestehende Ausbildungsmodelle für den Primärbereich überprüft und an die Bedürfnisse des Sekundärbereiches angepasst bzw. mit ihnen verzahnt werden. Um diesen Aufgaben gerecht werden zu können, ist eine Unterstützung aller am Maritimen Bündnis beteiligten Partner - insbesondere aber der Länder - erforderlich.

Von allen Beteiligten im Maritimen Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung:

Gleichbehandlung von Ausbildungswegen

Derzeit werden von der Stiftung ausschließlich Ausbildungswege über die Schiffsmechaniker- und NOA/TOA-Ausbildungen gefördert. Reedereien, die andere nach der Seeleutebefähigungsverordnung zugelassenen Ausbildungswege bevorzugen, werden als "nicht ausbildende Reedereien" bewertet und durch die Nichtberücksichtigung bei den Ablösebeträgen benachteiligt. Wir fordern, dass nachgewiesene Mehrkosten, die durch die Ausbildung gegenüber nicht ausbildenden Reedereien anfallen, im Rahmen der Förderung ausgeglichen werden. Eine ausführliche Begründung hat der VDKS vorgelegt. Die bisherige Fixierung auf traditionelle Ausbildungswege muss aufgegeben werden.

Berücksichtigung des Bedarfs an maritimen Fach- und Führungskräften

Derzeit geht man davon aus, dass deutschlandweit ca. 400.000 Beschäftigte im Maritimen Sekundärbereich tätig sind. Mit diesem Bestand konnte bisher der Schifffahrtsstandort Deutschland gesichert werden. Es ist daher dringend erforderlich alles zu unternehmen - insbesondere auch im Primärbereich - damit dieses auch zukünftig gewährleistet ist. Neben dem allseits bekannten Sekundärbereich, wie z. B. Lotsen, Schifffahrtsverwaltung, Reedereiinspektoren etc., sind insbesondere die große Anzahl von Mitarbeitern im Bereich maritimer Dienstleister und Zulieferer zu berücksichtigen.

Evaluierung aller Fördermaßnahmen

Die bisherigen Fördermaßnahmen werden bisher nicht systematisch evaluiert. Wir fordern daher für derzeitige und zukünftige Fördermaßnahmen eindeutige Zielvorgaben und deren Einhaltung. Diese Zielvorgaben müssen sich sowohl an der Anzahl der beschäftigten und in Ausbildung befindlichen Seeleute, aber auch an der Anzahl der arbeitslosen Seeleute orientieren.


Dipl.-Ing. Ralf Griffel / webmaster@vsir.de / 16.06.2015